ist im Alter von 96 Jahren gestorben. 2014 erhielt ich den folgenden bewegenden Brief, dessen Inhalt die Lebenslust der Menschen in Schlegel wohl nicht besser repräsentieren kann:
Liebe Schlegeler,
die Weihnachtszeit naht und damit alte Erinnerungen an unsere Kinderzeit: Wenn wir brav gewesen waren, durften wir abends ins leere Kripplein einen Wollfaden legen. Dann hatte es das Christkind Weihnachten weich und warm. Am Heiligen Abens stapften wir durch den Schnee in die Christmette, wo dann um 24 Uhr das“Transeamus usque Bethlehem“ erklang. Das war dann echte schlesische Weihnacht.
Am zweiten Feiertag wanderten wir mit dem Schlitten auf den Kirchelberg, denn dort wurde nachmittags zum Tanz aufgespielt. und nachts ging es mit Schwung durch den Fohler nach Hause. Oft landete einer mit Gelächter im Graben. Dann wärmte man sich beim Thienelt Moritz mit einer „Kroatzbeere“ auf!
Ich freute mich immer auf Silvester, weil ich da alle Freunde einladen durfte. Das Wohnzimmer wurde ausgeräumt, der Teppich aufgerollt, der Baum strahlte im Kerzemlicht.
Ich denke an das letzte Weihnachtsfest zu Hause. Von fern hörte man immer wieder Kanonendonner, denn die Front war nahe gerückt, nur die Berge hielten sie noch auf. Alte Schulkameraden, die Urlaub hatten, kamen. Sie wussten, nach den Feiertagen würde es wieder an die Front gehen, sogar wenn man verwundet war wie Richard Gottschlich. Er fiel kurz darauf. Friedmann Keller, unser Klassenbester und einziger Sohn unseres Arztes, tanzte und sang mit uns ins Neue Jahr. Er fiel im März in der letzten Schlacht.
Das Jahr 1945 begann mit Graus und Schrecken – die Front kam immer näher und endlich war der Krieg zu Ende. Aber was dann kam, war das Schrecklichste von allem: Man nahm uns die Heimat und trieb uns in die Fremde.
68 Jahre sind seitdem vergangen, nur wenige der Alten leben noch. Aber was heute selten ist, es haben sich viele Schlegeler der neuen Generation zusammengetan und auf Initiative von Elisabeth Zöllner, Urenkelin des Schlegeler Steinmetzers Ernst Richter, alte Fotos eingeschickt. Elisabeth hat ein Album mit vielen Bildern zusammengestellt. Es ist wunderschön geworden. Ein zweites Buch ist sogar in Arbeit, weil immer noch Fotos aus aller Welt eintreffen. Für diese Arbeit und nicht endende Mühe denken wir Elisabeth Zöllner herzlich und hoffen, dss viele Generationen ihre Freude daran haben werden.
Allen lieben Schlegelern wünsche ich gesegnete Weihnachten mit vielen guten Weihnachtsgrüßen
Eure Dorothea Spenke-Richter